Neue Nutzung für alte Häuser bleibt Dauerbaustelle
Diskussion zum demografischen Wandel im Mitmach-Kiosk „Zur Molli“ – Leerstand und Mobilität im Mittelpunkt
SALZDERHELDEN. Wie können Einbecks Ortschaften Leerstand verhindern und die Mobilitätsangebote für ihre Einwohnerinnen und Einwohner verbessern? Darüber haben Experten und Gäste im Salzderheldener Mitmach-Kiosk „Zur Molli“ eine lebhafte Diskussion geführt. Eines der Ergebnisse: Die moderne Nutzung alter Häuser bleibt in den kommenden Jahren eine große Herausforderung – doch positive Beispiele aus mehreren Dörfern machen Mut.
Einbecks stellvertretende Bürgermeisterin Antje Sölter wies darauf hin, dass der Leerstand in vielen Dörfern geringer ist als in der Kernstadt. „In Vardeilsen und Avendshausen haben wir damit bisher kaum Probleme. Wenn Häuser frei werden, finden sich schnell neue Eigentümer“, sagte sie. In Dörfern mit geringem Leerstand sei es auch möglich, die starke Nachfrage nach neuen Bauplätzen zu bedienen, ohne die Ortskerne ausbluten zu lassen. Diesen Weg gehe Einbeck.
Unternehmer Mark-Oliver Müller, zugleich Botschafter der Region im Landkreis Northeim, betonte: „Interessenten müssen selbst entscheiden können, ob sie in einem Neubaugebiet oder in einem Fachwerkhaus leben wollen. Es bringt nichts, wenn wir da Vorschriften machen. So gewinnt man keine neuen Bürger.“ Zugleich dürften strenge Auflagen neue Nutzungen nicht verhindern. „Was nützt es, wenn ich eine tolle Wohnung haben könnte, aber in das Dach nicht ausreichend Fenster einbauen darf?“
Gäste berichteten aus eigener Erfahrung von konstruktiven Gesprächen mit dem Denkmalschutz. Dennoch sei die fachgerechte Sanierung alter Fachwerkhäuser oft mit hohen Kosten verbunden – auch deshalb sei der Wunsch nach Neubaugebieten so stark. Lotte Fletemeyer, Mitinitiatorin der „Molli“, schilderte, wie eine Projektgruppe seit 2020 mehrere alte Gebäude im Salzderheldener Ortskern erworben und für ihre Zwecke umgebaut hat. „Wir haben hier einen Raum für Projekte und politische Utopien geschaffen. Salzderhelden bietet sich dafür an, weil Immobilien günstig sind. Mit der Bahn ist Göttingen nur 20 Minuten entfernt.“
Moderator Ralf Blasig, Autor des Buchs „Altes Einbeck“ erinnerte daran, dass sich die Stadt mit ihren Dörfern auf weiter sinkende Einwohnerzahlen einstellen muss. Schon seit Jahrzehnten schrumpfe die Bevölkerung durch Geburtendefizit und Abwanderung. „In den vergangenen Jahren hat Einbeck zwar an Anziehungskraft gewonnen. Dennoch zeigen alle Prognosen, dass sich der Einwohnerrückgang kurzfristig kaum aufhalten lässt. Wir müssen lernen, damit so gut wie möglich umzugehen.“
Einigkeit bestand darüber, dass besonders Minderjährige und Senioren vor Problemen stehen, wenn sie aus den Ortschaften zu Freunden, zum Arzt oder zum Einkaufen kommen wollen. „Glücklicherweise funktioniert in vielen Dörfern noch die Nachbarschaftshilfe – man lässt sich mitnehmen“, sagte Antje Sölter. Abends und am Wochenende seien Jugendliche häufig auf ihre Eltern angewiesen. „Darüber sollte man sich als Mutter oder Vater im Klaren sein, wenn man in einer ländlichen Gegend wohnt.“
Mark-Oliver Müller erinnerte daran, dass oft auch der Arbeitsweg nur schwer mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu bewältigen sei. „Das ist für Unternehmen und Beschäftigte ein Problem – selbst wenn das Homeoffice immer wichtiger wird.“ Diskussionsteilnehmer forderten bessere Bedingungen für Radfahrer – nicht nur im Interesse der Mobilität, sondern auch für den Klimaschutz.